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Bananensoftware und Finanzmarktgesetzgebung

Im Softwarebereich haben einige International Bekannte Mächtige Großkonzerne den Ruf weg, Bananensoftware zu liefern. Das Motto heißt: Reift beim Kunden. Man verkauft dem Kunden Software, die keine Marktreife hat und liefert diese dann zu früh aus. Probleme werden als Änderungen (Changes) im laufenden Betrieb zu erhöhten Kosten abgewickelt.

Bananensoftware ist zuallererst eine Vertriebsstrategie. Viele Kunden, insbesondere Manager, haben falsche Vorstellungen davon, wie teuer Software wirklich ist, und wollen bzw. müssen angelogen werden, um die Software zu verkaufen. Man nennt ihnen also einen Preis, für den man liefern kann und der zu ihren Vorstellungen (und Spezifikationen) passt. Nachdem dann die Software gemäß Spezifikation geliefert und produktiv genommen wurde, stellen alle Beteiligten fest, dass Kernfunktionalität in der Spezifikation vergessen wurde. Ach, sie brauchen in ihrem Frontofficesystem einen Audittrail? Die Änderungen lässt sich der Lieferant dann ordentlich bezahlen. Er ist nach Erstlieferung in der vorteilhaften Position, dass ihn der Kunde nicht einfach ersetzen kann und wenn dann nur mit hohen Kosten (vendor lock-in). Sobald die Software produktiv ist, bekommen Probleme auch die höchste Priorität

Teilweise spielt sogar der Kunde intern dieses Spielchen. Abteilung X möchte neue Software haben. Die Software kostet 5 Mio €. Budget ist nur für die Hälfte da. Also fängt mit mit 3 Mio € an. Wenn dann das Budget weg ist, holt man sich einen Nachschlag von 1,5 Mio €. Wir haben wichtige Features übersehen. Und dann noch 1 Mio € zum Abschluss.



Bananensoftware ist aber nicht nur eine Vertriebsstrategie. Sie ist auch eine Lösung von Kernproblemen der Softwareentwicklung. Im klassischen Softwareentwicklungsprozess, dem Wasserfall-Modell, wird Software erst ganz am Ende vollständig und sauber ausgeliefert. Das führt dazu, dass ein Softwareprojekt Jahre arbeiten kann, ohne dass der Kunde etwas "anfassen" kann. Der Kunde sieht statt des imaginären Nutzens nur die effektiven Kosten. Er ist deshalb nur bereit über die Kosten zu reden, was der Zusammenarbeit nicht zuträglich ist. Indem man früh ausliefert, gibt man dem Kunden etwas zum Anfassen. Im guten Fall sieht er den Nutzen. Im schlechten Fall die massigen Bugs. In jedem Fall spricht man über die Funktion der Software und erst mittelbar über den Preis.

Der Anspruch fehlerfrei auszuliefern und perfekte Arbeit zu leisten kann auch auf das Projekt selbst negative Auswirkungen haben. Software ist nie fehlerfrei. Wer zu hohe Ansprüche hat, entwickelt und entwickelt und entwickelt und es kommt nichts Gescheites dabei rum. Ich weiß von mir, dass meine Effektivität mit dem Nahen harter Deadlines deutlich anzieht, ganz zu schweigen von der Operation am offenen Herzen, wenn ich in der Produktion untertätig Bugs behebe.

In diesem Sinne betrachte ich auch die neuerlichen Eingriffe von Merkel und Co in den Finanzmarkt. Die Krise läuft schon seit bald zwei Jahren und de facto gab es bis diese Woche keine echten Änderungen am Regelwerk. Der Ansatz, die Probleme international mit einem globalen Masterplan zu lösen, muss als gescheitert betrachtet werden. Beim Masterplan wird wohl noch über die Formatvorlage und die Dokumentationsrichtlinie abgestimmt. Ich hoffe, dass Merkel das als Beta Release begreift und nachlegt. Nackte CDS zu verbieten erscheint mir in jedem Fall als sinnvoll.

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