Man könnte fast meinen, ich wäre ein verärgerter Karstadt-Mitarbeiter, so häufig wie ich über den Laden schreibe. Bin ich nicht. Arcandor und Thomas Middelhoff sind einfach wunderbare Quellen für neue Posts.
Blawort Kunstwort, das Mut, Tatkraft und Zukunftsorientierung signalisiert: Arcandor. Dass sich durch eine Umbenennung der Unternehmensholding keine operativen Probleme lösen lassen, dafür braucht es weder teure Strategie-Berater noch Wirtschaftsprüfer von BDO.
Der Hauptfokus von Middelhoffs Wirken bei Arcandor lag augenscheinlich aufBilanzfälschung Bilanzoptimierung. Statt (s.o.) am operativen Geschäft zu arbeiten und die tatsächlichen Erträge zu verbessern (langweilig und langwierig), dreht man an der Optik den Zahlen. You can dress up a pig but it’s still a pig.
Bestes Beispiel war der Verkauf der Immobilien an Investoren. Da der Verkaufspreis über dem Buchwert lag, konnte Arcandor einen Sondergewinn von 1,6 Mrd € verbuchen. Dass „Vermögen“ war aber schon vorher da, man hatte es nur bilanziell geltend gemacht. Schlimmer noch: Der Verkaufspreis bei solchen Transaktionen bestimmt sich maßgeblich aus den Mieteinnahmen (Bankerdeutsch: Cashflows), die aus den Immobilien (Assets) erzielt werden. Der hohe Verkaufspreis führte also zu höheren Mieten, die Arcandor mit 20 Mio € pro Jahr Mietkosten zusätzllich belasteten: ein linke Tasche, rechte Tasche Trick.
Eventuell hätte man diese langfristigen Mietverpflichtungen als Verbindlichkeiten ausweisen müssen, so dass bilanziell nichts gewonnen gewesen wäre. So wie ich Middelhoff und seine Kompetenzen einschätze, werden Arcandor, die Anwälte und die Investoren aber eine Vertragsgestaltung gefunden haben, die dies umging; z.B. Pseudokündigungsrechte oder ähnliche Konstruktionen. Die ursprüngliche Konstruktion des Joint Ventures mit einer sechsmonatigen 49% Minderheitsbeteiligung Arcandors hat jedenfalls einen Rechtsanwaltstouch. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit Arcandors Bilanzen findet sich hier. Sag keiner, dass Anwälte und Buchhalter nicht kreativ sein können. Ach ja, dafür braucht man dann wohl Wirtschaftsprüfer von BDO.
Den Verkauf werden Arcandor und die Investoren damit gerechtfertigt haben, dass Immobilien nicht Arcandors Kerngeschäft seien und dass es für den hoch profitablen Konzern unnötig Kapital bände. Das war damals schon witzig, waren Immobilien doch das einzige Geschäftsfeld, das im Konzern durchgehend Gewinne erzielte (Quelle fehlt leider).
Ironie der Geschichte (eine weitere): Goldman, als Vertreter der Käufer der Immobilien, will Handel und Immobilien wieder zusammenführen. Durch die Insolvenz des Hauptmieters ist auf einmal das Gesamtinvestment gefährdet; die Cashflows sind gestört. Mögliche Käufer von Arcandor sind nur bereit eine Teilmenge der Häuser zu übernehmen oder sie klagen über viel zu hohe Mieten. Eine Betriebsauflösung steht auch noch im Raum, sprich überhaupt keine Miete.
Bei Goldman überlegt man nun, die Häuser in Eigenregie zu betreiben, in der Hoffnung die heutigen Verluste bei den Mieteinnahmen durch zukünftige Unternehmensgewinne zu kompensieren. Effektiv hätte man damit dann wieder das alte Karstadt.
Nur mit einem kleinen, feinen Unterschied: An der Spitze stünden Banker. Die großen Märkte New York oder London zählen in Saarbrücken oder Erfurt nicht. Entscheidend ist an der Scannerkasse. Für die nächste Abteilungssitzung empfehle ich daher einen Videomarathon Der Große Bellheim. Etwas mehr Zeit braucht es für die Trainings, wie sie ein großer deutscher Einzelhändlern allen Berufsanfängern zukommen lässt: ein Monat im Laden arbeiten. Ich freue mich, auf den 3rd Year Analyst, der mir meine Tüte packt.
- Middelhoff ist ein Posterboy für das moderne deutsche Topmanagement mit seinen Ansprüchen, seinem Selbstverständnis und seinem Versagen; ein Totengräber der Nation.
- Arcandor ist ein schönes Beispiel dafür, was die ganzen Management- und Finanzinnovationen anrichten können, wenn man sie auf echte Unternehmen loslässt.
Der Hauptfokus von Middelhoffs Wirken bei Arcandor lag augenscheinlich auf
Bestes Beispiel war der Verkauf der Immobilien an Investoren. Da der Verkaufspreis über dem Buchwert lag, konnte Arcandor einen Sondergewinn von 1,6 Mrd € verbuchen. Dass „Vermögen“ war aber schon vorher da, man hatte es nur bilanziell geltend gemacht. Schlimmer noch: Der Verkaufspreis bei solchen Transaktionen bestimmt sich maßgeblich aus den Mieteinnahmen (Bankerdeutsch: Cashflows), die aus den Immobilien (Assets) erzielt werden. Der hohe Verkaufspreis führte also zu höheren Mieten, die Arcandor mit 20 Mio € pro Jahr Mietkosten zusätzllich belasteten: ein linke Tasche, rechte Tasche Trick.
Eventuell hätte man diese langfristigen Mietverpflichtungen als Verbindlichkeiten ausweisen müssen, so dass bilanziell nichts gewonnen gewesen wäre. So wie ich Middelhoff und seine Kompetenzen einschätze, werden Arcandor, die Anwälte und die Investoren aber eine Vertragsgestaltung gefunden haben, die dies umging; z.B. Pseudokündigungsrechte oder ähnliche Konstruktionen. Die ursprüngliche Konstruktion des Joint Ventures mit einer sechsmonatigen 49% Minderheitsbeteiligung Arcandors hat jedenfalls einen Rechtsanwaltstouch. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit Arcandors Bilanzen findet sich hier. Sag keiner, dass Anwälte und Buchhalter nicht kreativ sein können. Ach ja, dafür braucht man dann wohl Wirtschaftsprüfer von BDO.
Den Verkauf werden Arcandor und die Investoren damit gerechtfertigt haben, dass Immobilien nicht Arcandors Kerngeschäft seien und dass es für den hoch profitablen Konzern unnötig Kapital bände. Das war damals schon witzig, waren Immobilien doch das einzige Geschäftsfeld, das im Konzern durchgehend Gewinne erzielte (Quelle fehlt leider).
Ironie der Geschichte (eine weitere): Goldman, als Vertreter der Käufer der Immobilien, will Handel und Immobilien wieder zusammenführen. Durch die Insolvenz des Hauptmieters ist auf einmal das Gesamtinvestment gefährdet; die Cashflows sind gestört. Mögliche Käufer von Arcandor sind nur bereit eine Teilmenge der Häuser zu übernehmen oder sie klagen über viel zu hohe Mieten. Eine Betriebsauflösung steht auch noch im Raum, sprich überhaupt keine Miete.
Bei Goldman überlegt man nun, die Häuser in Eigenregie zu betreiben, in der Hoffnung die heutigen Verluste bei den Mieteinnahmen durch zukünftige Unternehmensgewinne zu kompensieren. Effektiv hätte man damit dann wieder das alte Karstadt.
Nur mit einem kleinen, feinen Unterschied: An der Spitze stünden Banker. Die großen Märkte New York oder London zählen in Saarbrücken oder Erfurt nicht. Entscheidend ist an der Scannerkasse. Für die nächste Abteilungssitzung empfehle ich daher einen Videomarathon Der Große Bellheim. Etwas mehr Zeit braucht es für die Trainings, wie sie ein großer deutscher Einzelhändlern allen Berufsanfängern zukommen lässt: ein Monat im Laden arbeiten. Ich freue mich, auf den 3rd Year Analyst, der mir meine Tüte packt.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen