Direkt zum Hauptbereich

Literaturempfehlung und Promotionsverfahren

Am Donnerstag schaue ich nach langer Zeit wieder mal bei "meinem" Lehrstuhl rein, wo ich knapp ein Jahr beschäftigt war. Es soll dort tatsächlich jemand die Promotion erhalten. Das will ich mit eigenen Augen sehen. Und ich war schon lange nicht mehr dort.

Parallel dazu hat mir meine Freundin "Der ganz normale Wahnsinn - Vom Umgang mit schwierigen Menschen" geschenkt. Ein tolles Buch. Zum ersten Mal hatte ich das Buch am Lehrstuhl an der Hand und habe das Kapitel über narzißtische Persönlichkeiten gelesen. Mein Prof. war nämlich eine. Von neun DSM IV Kriterien erfüllt er locker sechs. Ein anderer Kollege, der schon deutlich länger dabei war, tippte auf acht. Fünf deuten auf die Störung hin.

Eine Episode: Ein Assistent hatte ein Paper erfolgreich bei einer Konferenz untergebracht. Der Prof. hatte das Paper gereviewt. Trotzdem stellte der Professor das Paper als seine Leistung war. Der Assistent hatte ja nur "seine Gedanken" umgesetzt (Kriterium 1: Übertreibt eigene Leistungen). Die Konferenz war in Ostasien, mehr als sechs Zeitzonen entfernt. Während sein Assistent Holzklasse flog, buchte der Professor Business Class. Er (Beamter = bezahlt aus Steuergeldern) fand das völlig angemessen (Kriterium 5: Überzogenes Anspruchsdenken). Für das Geld hätte er auch noch drei weitere Mitarbeiter mit auf die Konferenz nehmen können. Vor Ort angekommen war er trotz der Zeitverschiebung ausgeruht, sein Assistent verständlicherweise nicht. Trotzdem verlangte er von seinem Assistenten umgehend noch einmal die Präsentation zu überarbeiten (Kriterium 7: Unfähig Bedürfnisse anderer zu erkennen).

Eine Episode, die mir passiert ist, war ebenfalls eine Konferenz. Ich hatte meine Diplomarbeit bei einer Konferenz in Amerika eingereicht. Das war noch vor meiner Zeit am Lehrstuhl. Ich hatte eine Einladung erhalten und musste mir jetzt überlegen, wie ich hinkomme und wie ich das bezahle. In Toto hat der Spaß (1 Woche) ~1500€ gekostet (Konferenzgebühren, Hotel, Flug, ...). Für einen Berufsanfänger sind 1500€ netto ziemlich viel.

Man würde denken, dass ein Lehrstuhl, wo ein Prof. Business Class fliegen kann, auch das Geld hat, seine Assistenten einmal im Jahr auf eine Konferenz zu schicken. Davon ging ich aus. Stattdessen erhielt ich mehrere Wochen keine Antwort und am Ende wurde mir angeboten, dass man die halben Kosten übernehmen würde. In der Zwischenzeit waren die Kosten für den Direktflug von 600€ auf über 1000€ gestiegen. Ich habe dann noch einen Flug für 700€ gefunden, musste dafür dann aber in Heathrow (igit) umsteigen, um dann in den USA mit Bus und Bahn zum Ziel zu gelangen. Immerhin habe ich das mit etwas Sightseeing kombiniert.

Auf dieser Reise habe ich auch meinen Lehrstuhl-Laptop "kennengelernt". Ich hatte ihn mitgenommen, um während der Reise das Lehrstuhl-Buch Korrektur zu lesen. Ich packte ihn dann in Heathrow aus, wollte loslegen und war extrem erstaunt, dass der Laptop mir 15 Minuten Restlaufzeit anzeigte. Ich hielt das erst für einen Scherz. Tatsächlich war es ein altes Gerät mit totem Akku. Nicht mal das Geld war da, um einen neuen Akku zu kaufen.

Andererseits traf ich einmal unseren Admin in der Einkaufszone. Ich fragte ihn, was ihn triebe, und er antwortete, er besorge gerade x-fach abgeschirmte Audiokabel für das Professorenbüro. Teurer Schnickschnack. Warum ein Prof. perfekten Soundgenuss braucht, blieb ungeklärt. Es war schon eine schöne Zeit.

Kommentare

  1. Hi,

    Sorry, aber alles was Du bzgl der Promotion beschrieben hast, ist absolut gängige Praxis und nichts ungewöhnliches im In- und Ausland. Könnte sein, dass das Forschungsbudget Deines Profs Projektgebunden ist, sodass Konferenzreisen von Mitarbeitern ausserhalb des Projektes schwieriger abgerechnet werden können. Da man das Geld, das einem persönlich zugesagt wurde dennoch irgendwie verkloppen muss (ansonsten gibt es vielleicht im nächsten Jahr weniger), würde ich es wahrscheinlich auch in nen Business Class Flug investieren;)
    Viel Spass bei Deinem Besuch!

    AntwortenLöschen
  2. Btw. besten Dank für Eure Karte! Heute in meinem Bürobriefkasten angekommen... (zusammen mit der Weihnachtskarte von Thomas B.)!

    AntwortenLöschen
  3. Ich hatte eine 50/50 Stelle: Land und Projekt. Bei beiden Quellen ist Budget für Reisen vorgesehen, beim Land sogar ohne Bindung. Und wer sich mal die Unibuchhaltung anguckt, sieht, dass da alles von links nach rechts geschoben wird. "Projektbindung" ist also etwas naiv.

    Zur Business Class: Wenn es Projektgelder waren, verfallen die eh nicht mit Jahresfrist, sondern frühestens mit Projektende. Wenn es Landesgelder waren, dann standen sie zur freien Disposition. Ich denke, dass da einiges gegangen wäre.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Finanzblog des Jahres? Sicherlich.

Dieser Blog wird ab morgen für den Finanzblog des Jahres Finance Blog of the Year nominiert sein. Die Organisatoren von Smava, einer P2P-Bank, haben mir einen entsprechenden Kommentar an meinen SOA Post  angehängt . Wobei sie verwundert bemerkt haben, dass ich überhaupt keine Kontaktdaten auf der Seite habe... KURZER HINWEIS: Der Blog ist anonym, weil ich ungern beim Kunden oder von meinem Chef darauf angesprochen werden möchte. Ich verdiene kein Geld mit meinen zwölf Lesern am Tag und habe auch keine Werbung. Gehostet wird er in den USA (blogspot.com). Deswegen spare ich mir auch das Impressum. Damit wäre dann auch klar, dass ich nicht gewinnen will. ;)

Wette: Stephan Kohn passiert gar nichts

Stephan Kohn ist ein seit kurzem beurlaubter Beamter des Bundesinnenministeriums. Er hatte in einem internen Papier, die Corona Strategie der Regierung angezweifelt und hinterfragt. Seine Grundfrage war, ob die Maßnahmen, die wir gegen Corona ergreifen, nicht mehr Leben kosten als Corona selbst. Es braucht keine großen Modellannahmen, um zu diesem Schluss zu kommen. In den Medien wurde er schnurstracks in die rechte Ecke sortiert und als Verharmloser tituliert. Die direkte Reaktion des BMIs war, ihn freizustellen und mit rechtlichen Schritten zu drohen, d.h. der Entfernung aus dem Beamtenstatus. Und ich stelle mich jetzt mal hin und wette, Stephan Kohn passiert gar nichts. Meine Begründung ist ziemlich einfach. Gerichtsverfahren sind immer mit Risiko für beide Parteien versehen. Das Risiko für Stephan Kohn ist überschaubar, weil schon eingetreten. Das Risiko für das BMI und Herrn Seehofer hingegen ist so groß, dass ich überrascht wäre, wenn es überhaupt zu einer Verhandlung kommt

Wer ist die schönste Suchmaschine im Land?

Vor einiger Zeit hatte ich meine Unzufriedenheit mit google zum Ausdruck gebracht. In der Zwischenzeit habe ich yahoo , bing und ask als Default-Suchmaschinen für meinen Browser ausprobiert. Schlussendlich habe ich mich für blind search entschieden ;) Blind Search präsentiert die Suchergebnisse von yahoo, google und bing nebeneinander. Man kann die Ergebnisse vergleichen und für die beste Suchmaschine abstimmen. Danach wird aufgeklärt, welches Ergebnis von welcher Suchmaschine stammt. Zwischenstand bisher: bing liegt vorn. yahoo war nie die beste Suche. Wann immer google besser als bing war, waren es Nuancen. Andererseits war bing teilweise markant besser als google. Mein Gefühl sagt mir, dass Microsoft eine ziemliche gute Suchmaschine gelungen ist. Die Hintergrundbilder sind auch schön.