Für meinen Vater sind Manager wie Thomas Middelhoff die Totengräber der Nation. Er tendiert zu einer apokalyptischen Weltsicht und warnt mich auch immer vor dem kommenden dritten Weltkrieg und den harten Zeiten, die meiner Generation ohnehin bevorstehen. ;)
Was Thomas Middelhoff angeht, passt der Titel Totengräber gut; er hat schließlich dieser Tage Deutschlands führenden Warenhauskonzern in die Insolvenz geführt. Seit 2004 war er erst als Aufsichtsrat und dann als Vorstandsvorsitzender am Ruder des Konzerns, der erst Karstadt-Quelle hieß, um dann den schönen Kunstnamen Arcandor zu tragen. Anfang des Jahres verließ er den Konzern mit einem für sich "überwiegend positive[m] Fazit".
Einige Monate nach dem Interview hat ihn die Wirklichkeit eingeholt: Arcandor ist insolvent und er selbst hat ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue am Hals. Seine Hauptgönnerin, Madeleine Schickedanz, die er seit Februar weiterhin beraten wollte, steht mit einem wertlosen Aktienpaket da und über die Höhe ihres verbleibenden Privatvermögens wird gerätselt. Der schnellste Weg zu einem kleinen Vermögen zu kommen ist ein großes zu verlieren. Thomas Middelhoff ist für mich wahrlich ein Totengräber der Nation.
Wer sich in Wikipedia die Vita von Thomas Middelhoff anschaut, findet folgende Stationen:
Seine Karriere verlief relativ gradlinig und schnell. Er ist sicherlich nicht dumm. Weiterhin hat er einen guten Auftritt und kann Folien exzellent vortragen. Im persönlichen Umgang wird er gewinnend wirken. Wie anders kann man sich erklären, dass Frau Schickedanz fast ihr gesamtes Privatvermögen auf diesen Vorstand verwettete?
Lektion 1: Persönlicher Kontakt, gute Umgangsformen und überzeugender Auftritt sind wichtiger als gute Zahlen.
Herr Middelhoff ist jemand, der sehr gut Visionen entwerfen und verkaufen kann. Auf der Cebit 2007 war er Keynote Speaker. Leider kann man sich das Video nicht anschauen. In der Zusammenfassung steht folgender Bedeutungschwangerer Satz:
Lektion 2: Visionen und das Verkaufen von Visionen sind wichtiger als Zahlen.
Unternehmerischen Erfolg im klassischen Sinne kann ich aus seiner Vita nicht herauslesen. Die Firmen, die er bei Bertelsman führte, scheinen keine besonderen Herausforderungen dargestellt zu haben. Weder hat er sich als Sanierer bewiesen, noch als großer Unternehmer, der Neugeschäft aufbaut. Trotzdem hat es zum Vorstand bei Bertelsmann gereicht. Er wird viele Förderer gehabt haben, die ihn auf dem Weg unterstützt haben, wegen seiner netten Art und seines visionären Auftretens: "Der Mann hat Visionen, der ist was für die Zukunft."
Lektion 3: Vorstand wird man nicht wegen der Meriten, sondern wegen seiner Kontakte und seines Auftretens.
Im Vorstand angekommen, zeichnete er sich weiterhin durch seine Visionen aus. Er wollte Bertelsmann zum Mediengiganten durch Zukäufe machen. Und er wollte am Internetboom partizipieren, der sich später als Blase herausstellte. Sein Glück bei der Blase: Er hat rechtzeitig Kasse gemacht. Zugespitzt könnte man sagen, dass sich sein Renomée an einer glücklichen Transaktion aufhängt, AOL Europe.
Lektion 4: Ein großer Erfolg übertüncht viele kleine Mißerfolge.
Für die Aufgabe bei Karstadt-Quelle war Middelhoff mit seiner Vita nicht qualizifiert. Er hatte keine Erfahrung als Sanierer und auch kein Tourismus- oder Warenhaus-Branchenwissen, zwei der drei Bereiche, in denen Karstadt-Quelle aktiv war.
Der Bereich, wo er Erfahrungen besaß, war e-commerce, ein lebenswichtiger Bereich für Quelle und den Versandhandel der Gruppe. Nur waren hier seine Referenzen nicht überzeugend, wenn man den AOL Europe Deal außen vorlässt. Man denke nur an bol.de.
Sein Blendertum konnte ihm beim Karstadt-Quelle nicht mehr helfen. Am Ende waren Visionen und Auftreten nicht wichtiger als die eigentlichen Zahlen.
Was Thomas Middelhoff angeht, passt der Titel Totengräber gut; er hat schließlich dieser Tage Deutschlands führenden Warenhauskonzern in die Insolvenz geführt. Seit 2004 war er erst als Aufsichtsrat und dann als Vorstandsvorsitzender am Ruder des Konzerns, der erst Karstadt-Quelle hieß, um dann den schönen Kunstnamen Arcandor zu tragen. Anfang des Jahres verließ er den Konzern mit einem für sich "überwiegend positive[m] Fazit".
Einige Monate nach dem Interview hat ihn die Wirklichkeit eingeholt: Arcandor ist insolvent und er selbst hat ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue am Hals. Seine Hauptgönnerin, Madeleine Schickedanz, die er seit Februar weiterhin beraten wollte, steht mit einem wertlosen Aktienpaket da und über die Höhe ihres verbleibenden Privatvermögens wird gerätselt. Der schnellste Weg zu einem kleinen Vermögen zu kommen ist ein großes zu verlieren. Thomas Middelhoff ist für mich wahrlich ein Totengräber der Nation.
Wer sich in Wikipedia die Vita von Thomas Middelhoff anschaut, findet folgende Stationen:
- Er hat in Münster BWL studiert und im selben Fach promoviert. Neben der Promotion hat er in der Firma seines Vaters gearbeitet, natürlich in leitender Position. Im Whoswho heißt es, er "eignete sich [...] durch die Mithilfe im väterlichen Betrieb auch erste unternehmerische Erfahrungen an." Wikipedia schreibt, dass er das Auslandsgeschäft verantwortet habe und Produktionsbetriebe in Griechenland und Fernost aufgebaut habe. Die Firma selbst kann ich weder über wlw.de noch über unternehmensregister.org eindeutig bestimmen. Dass man neben seiner Promotion und einer wissenschaftlichen Mitarbeiter Stelle Zeit für eine leitende Position in der Wirtschaft hat, erscheint zweifelhaft. Für mich klingt das nach Lebenslaufoptimierung mit Papis Hilfe.
- Danach ging er bei Bertelsmann den typischen Vorstandsweg. Erst Assistent der Geschäftsführung, dann Geschäftsführung, schließlich Vorstand von Bertelsmann. Neben der Akquisition einiger Medienunternehmen war seine Hauptleistung in dieser Zeit der Aufbau der "neuen Medien" für Bertelsmann. Bereits in seiner Promotion hatte er sich mit Kommunikationssystemen beschäftigt, damals btx. Als das Internet dann kam, investierte er viel Geld in so illustre Firmen wie bol.de, lycos oder Pixelpark. Während diese Investitionen sich nicht auszahlten, war sein Investment in AOL Europe ein großer Erfolg. 7,5 Mrd € zahlte AOL Time Warner im Boomjahr 2000, um Bertelsmann aus dem gemeinsamen Europageschäft rauszukaufen.
- Middelhoff wurde 2002 gefeuert. Als Probleme wurden genannt, dass der Starrummel ihm zu Kopf gestiegen sei, dass das normale Bertelsmanngeschäft sich nicht ebenso positiv entwickelte wie die Onlineaktivitäten und dass die Besitzer von Bertelsmann die Firma nicht an die Börse bringen wollten. Der IPO von Bertelsmann war ein Herzensanliegen von Middelhoff, wie anders sollte Bertelsmann große Übernahmen stemmen als mit Aktien als Phantasiewährung. Und wie anders sollte er an die beliebten Aktienoptionen kommen?
- Er war dann einige Zeit für eine Private Equity Firma tätig und heuerte dann bei Karstadt-Quelle an.
Seine Karriere verlief relativ gradlinig und schnell. Er ist sicherlich nicht dumm. Weiterhin hat er einen guten Auftritt und kann Folien exzellent vortragen. Im persönlichen Umgang wird er gewinnend wirken. Wie anders kann man sich erklären, dass Frau Schickedanz fast ihr gesamtes Privatvermögen auf diesen Vorstand verwettete?
Lektion 1: Persönlicher Kontakt, gute Umgangsformen und überzeugender Auftritt sind wichtiger als gute Zahlen.
Herr Middelhoff ist jemand, der sehr gut Visionen entwerfen und verkaufen kann. Auf der Cebit 2007 war er Keynote Speaker. Leider kann man sich das Video nicht anschauen. In der Zusammenfassung steht folgender Bedeutungschwangerer Satz:
Die Herausforderung für jede Branche besteht darin eine Vision zu entwickeln, wohin sich ihr spezifisches Geschäftsmodell entwickelt und daraus ein strategisches Konzept abzuleiten sowie die richtigen Management-Tools einsetzen.Klingt großartig, insbesondere Vision und Management-Tools. Wer den Vortrag gehört hat, wird sicherlich überzeugt gewesen sein, dass Arcandor der nächste Onlineriese wird. Auch im persönlichen Gespräch glaube ich, dass Middelhoff visionär daherreden kann. Ich tippe mal, dass er auch ohne weiteres über die Marktpotentiale von Mikrokrediten referieren kann.
Lektion 2: Visionen und das Verkaufen von Visionen sind wichtiger als Zahlen.
Unternehmerischen Erfolg im klassischen Sinne kann ich aus seiner Vita nicht herauslesen. Die Firmen, die er bei Bertelsman führte, scheinen keine besonderen Herausforderungen dargestellt zu haben. Weder hat er sich als Sanierer bewiesen, noch als großer Unternehmer, der Neugeschäft aufbaut. Trotzdem hat es zum Vorstand bei Bertelsmann gereicht. Er wird viele Förderer gehabt haben, die ihn auf dem Weg unterstützt haben, wegen seiner netten Art und seines visionären Auftretens: "Der Mann hat Visionen, der ist was für die Zukunft."
Lektion 3: Vorstand wird man nicht wegen der Meriten, sondern wegen seiner Kontakte und seines Auftretens.
Im Vorstand angekommen, zeichnete er sich weiterhin durch seine Visionen aus. Er wollte Bertelsmann zum Mediengiganten durch Zukäufe machen. Und er wollte am Internetboom partizipieren, der sich später als Blase herausstellte. Sein Glück bei der Blase: Er hat rechtzeitig Kasse gemacht. Zugespitzt könnte man sagen, dass sich sein Renomée an einer glücklichen Transaktion aufhängt, AOL Europe.
Lektion 4: Ein großer Erfolg übertüncht viele kleine Mißerfolge.
Für die Aufgabe bei Karstadt-Quelle war Middelhoff mit seiner Vita nicht qualizifiert. Er hatte keine Erfahrung als Sanierer und auch kein Tourismus- oder Warenhaus-Branchenwissen, zwei der drei Bereiche, in denen Karstadt-Quelle aktiv war.
Der Bereich, wo er Erfahrungen besaß, war e-commerce, ein lebenswichtiger Bereich für Quelle und den Versandhandel der Gruppe. Nur waren hier seine Referenzen nicht überzeugend, wenn man den AOL Europe Deal außen vorlässt. Man denke nur an bol.de.
Sein Blendertum konnte ihm beim Karstadt-Quelle nicht mehr helfen. Am Ende waren Visionen und Auftreten nicht wichtiger als die eigentlichen Zahlen.
Könnte mir vorstellen, daß die väterliche Firma inzwischen pleite ist. Ist schließlich fast 30 Jahre her, und deutsche Textilfirmen sind bekanntlich in Scharen über den Jordan gegangen, seit "Made in China" den Welttextilmarkt übernommen hat.
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