Viele Firmen wenden viel Geld zwecks Employer Branding und Hochschulmarketing auf. Von Arbeitgeberseite klingt das dann so:
Das Employer Branding erfüllt hier eine strategische Funktion an der Schnittstelle zwischen HR- und Marketingabteilung und verfolgt das Ziel, "First Choice Employer" (z. B. bei Absolventen oder Young Professionals) zu werden. [E]s darum, mehr geeignete Bewerbungen zu erhalten, da Arbeitnehmer so die "richtigen" Erwartungen an die zukünftigen Arbeitgeber haben. Der Employer Brand (Arbeitgebermarke) entspricht damit eher einer Dienstleistungsmarke, die eine Zusage für eine künftige Leistung macht: Er kommuniziert dem Bewerber, warum er bei der Unternehmung arbeiten sollte, wie sein zukünftiges Arbeitsumfeld aussehen wird und wie die Unternehmenskultur gelebt wird. Dies führt gleichzeitig zu einer besseren Selbstauswahl bei den Bewerbern, dadurch zu richtigen Bewerbungen und schliesslich zu einem effizienteren Recruiting. [Alpha.ch - Patrick Mollet]
Der hier beschriebene Optimalfall unterstellt, dass die Marke tatsächlich die Werte, Kultur und die Arbeit eines Unternehmens charakterisiert. Was aber wenn nicht?
Bei mir in der Firma wird viel Geld für die Marke aufgewandt. Wir sind "populär" unter Bewerbern, insbesondere bei Berufsanfängern aus der Informatik. Das liegt daran, dass wir Überstunden und Reisezeiten bezahlen. Und daran, dass wir ja ach so tolle Projekte machen. Wir verweisen auch gerne auf unsere Methodik, die tollen Leistungen in der Niederlassung und den ortsnahen Einsatz.
Leider muss ich feststellen, dass die Marke nicht zur Realität passt. Was die Überstunden und Reisezeiten angeht, muss ich sagen, dass andernorts eben besser bezahlt wird und man mehr Urlaub hat. Die ach so tollen Projekte gibt es, nur arbeitet dort maximal die Hälfte der Mitarbeiter, wahrscheinlich sogar deutlich weniger. Die Methodik ist in einem Verfahrenshandbuch dokumentiert, nur habe ich sie nie in der praktischen Verwendung erlebt bzw. gebraucht. ... Man sieht, es klafft eine gewisse Lücke zwischen Marke und Realität.
Zu Beginn meiner Tätigkeit dachte ich, dass die Lücke meiner individuellen Situation geschuldet sei, dass mein Projekt besonders sei und dass ich danach ein viel tolleres Projekt kriegen würde. Heute denke ich, dass diese Lücke Absicht ist.
Ein Personalberater würde jetzt aufschreiben: Das kostet doch Unsummen! Warum falsche Erwartungen wecken? Wer hat etwas davon, wenn Mitarbeiter frustriert sind und man hohe Fluktuation hat?
Wenn man das bei Mitarbeitern mit Berufserfahrung versucht, ist das ohne weiteres richtig: Wer schon im Job steht, wer Angebote kriegt, der wird sich nicht lange auf so ein Spiel einlassen und die Konsequenzen ziehen. Bei Berufseinsteigern hingegen greifen drei Effekte:
- Man hat keine Vergleichsgröße.
- Man glaubt daran, dass es sich um einen Ausrutscher handelt (so wie ich auch).
- Man will nicht gleich den ersten Job schmeißen und macht daher die zwei Jahre voll.
Jetzt weiß ich wo Du arbeitest ;-)
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