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Der große Rentenspuk

Ich hatte schon lange vor, einen Post zum Thema Rente und Altersvorsorge zu schreiben. Mir fehlte immer der Aufhänger. Die aktuellen Schlagzeilen bieten endlich genug Gründe, um ans Werk zu gehen.

Jemand, der sich mit dem Thema Altersvorsorge und Rente beschäftigt, findet reihenweise Gründe, Angst zu bekommen: den umgedrehten Tannenbaum, die Rentenlücke, das Mißverhältnis zwischen Rentern und Beitragszahlern, die immer steigende Lebenserwartung...

Wenn man den Aussagen der Finanzdienstleistern vertrauen darf, droht uns allen die Altersarmut (Hartz IV für Alte), wenn wir uns nur auf die Rentenversicherung verlassen. Alternativ müssen wir wieder wie in wilhelminischen Zeiten arbeiten, bis wir umfallen und die Rentenversicherung uns ein letztes Gnadenbrot gewährt. Andere Meinungen zur Rente, nämlich dass die umlagenfinanzierte Rentenversicherung gut und sicher ist, nehmen wir nicht ernst: Norbert Blüm, du Lachfigur.



Jetzt kam die Schlagzeile, dass die Rentenversicherung eine Rendite zwischen 2,5 und 3% für die Beitragszahler erwirtschaftet. Wie der Wert zustande kommt, ist für mich und andere unklar. Ich unterstelle aber, dass er richtig ist. Der Imageschaden für die Rentenversicherung wäre immens. Und dass in der Rentenbehörde gewiefte Marketingexperten sitzen, die sich die Zahlen aus den Fingern saugen, glaube ich auch nicht. Wozu auch? Die Rentenversicherung steht nicht im Wettbewerb.

2,5% bis 3% liegt über der Inflation und schneidet im Vergleich mit Sparbüchern, Tagesgeldern oder Festgeldern momentan gut ab. Auch die Überschussbeteiligungen der deutschen Lebensversicherer dürften einen Dämpfer versetzt bekommen.

In der Süddeutschen findet man zur Rendite folgende Einschränkung:
"Die Rendite-Angaben sind allerdings rein rechnerische Werte. Sie dienen als Gradmesser dafür, ob sich die Einzahlungen lohnen werden. Tatsächlich wird das Geld der Beitragszahler nicht langfristig angelegt, sondern zum allergrößten Teil an die Rentner ausbezahlt." [sueddeutsche.de]
Im Kern geht es darum, dass die Rentenversicherung nicht fürs Alter spart (kapitalgedeckt arbeitet), sondern über den Generationenvertrag die Einnahmen der Arbeitnehmer direkt an die Rentner verteilt. Wie kann man da von Rendite sprechen? Der Sparstrumpf fürs Alter erscheint uns als sicher, uns auf unsere Kinder zu verlassen hingegen nicht. Das dies ein Trugschluss ist, lässt sich leicht an einem Gedankenspiel zeigen.
Angenommen die Rentenversicherung arbeitet kapitalgedeckt. Sie investiert die Beiträge der Beitragszahler und bildet einen Sparstrumpf (Kapitalstock), der dazu dient, die zukünftigen Renten zu bezahlen. Da die Altersrente zu wichtig ist, wird konservativ investiert: Bonds mit bestem Rating (AAA). Da bieten sich nur Unternehmensanleihen von AIG Bundesschatzbriefe an. Die Zinsen und die Tilgung übernimmt dann --tarrah-- wieder die jüngere Generation.

Man kann der Rentenversicherung in diesem Gedankenspiel eine falsche Anlagestrategie vorwerfen. Sie hätte in alternative Anlageklassen investieren müssen: Unternehmensanleihen, Rohstoffe, Immobilien oder Aktien. Dann wäre sie nicht auf den Staat (und damit die jüngere Generation) als Schuldner angewiesen. Auch das ist ein Trugschluss.

Wenn man eine Anlageform betrachtet, hat man zwei Komponenten, über die man das Leben im Alter finanzieren kann:
  • Kontinuierliche Zahlungen wie Mieten, Dividenden oder Zinsen.
  • Einen Verkaufswert.
Beide Komponenten setzen wieder voraus, dass eine andere Partei bezahlt, im Normalfall die Jüngeren.
Die einzige Anlage, mit der man wirklich fürs Alter vorsorgt, ist der eigene Bauernhof. Da kann schlafen und seine Nahrungsmittel herstellen. Nur müsste man dann wieder bis zum Umfallen arbeiten ...

Kommentare

  1. Ob die 2,5-3 % Rendite richtig sind, weiß man dummerweise erst hinterher, soll heissen irgendwann in 2050 oder so (da er sich auf Rentner bezieht, die in 2020-2030 in Rente gehen und die von da an längere Zeit Rente beziehen werden). Ist also wenig Risiko für die Rentenversicherung, mit eher gewagten Annahmen zu rechnen, denn die Verantwortlichen sind bis dahin schon lange selbst pensioniert...

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