Im Zuge der verlorenen Bundestagswahl wurde die Krise der SPD von einigen Autoren mit der Krise von Hertha BSC Berlin verglichen. Es gab dann Schlagzeilen der Form 'Hertha BSC, die SPD der Bundesliga' (bzw. andersherum). Ich mag den Vergleich, weil ich finde, dass man von Fußball viel für die Politik ableiten kann. In den folgenden Tage/Wochen/Monaten werde ich meine Einsichten bzw. Ansichten zum Fußball auf die Politik übertragen.
Lektion 1: Herthas Kader
Hertha hatte in der letzten Saison einen sehr guten Lauf. Sie hatten zwei Topstürmer (Woronin, Pantelic) und den besten Abwehrspieler der Liga (Simunic), dazu ein gut aufgelegter Torwart (Drobny). Wie andere Rückrundenmannschaften (Stuttgart, Dortmund, Wolfsburg) profitierten sie davon, sich auf die Liga konzentrieren zu können, während ihre direkten Konkurrenten unter der Woche noch im Pokal (Bremen, HSV, Leverkusen), im UEFA Cup (HSV, Bremen) oder in der Champions League (Bayern) spielen mussten.
Diese Saison hat sich die Situation für Hertha signifikant verschlechtert. Durch die Qualifikation für die Europa League leidet Hertha jetzt selbst unter der Doppelbelastung. Ihre Topstürmer und der beste Abwehrspieler der Liga sind weg. Wegen Lizensierungsauflagen durch den DFB konnte Hertha nicht auf dem Transfermarkt agieren, um die Spieler zu ersetzen. Dazu kam noch extremes Verletzungspech: Zwei Torwärte (!) fielen aus. Die Qualität des Kaders hat deutlich abgenommen, die Erwartungen hätten dem angepasst werden müssen.
Auf die SPD übertragen muss man sich anschauen, welche Unterschiede die Wahl 2005 und die Wahl 2009 aufweisen. 2005 trat man mit Schröder an. Schröder hatte als Kanzler den Amtsbonus: Wer mit der Regierung zufrieden war oder etwas gegen Veränderung hatte, hat SPD gewählt. Außerdem ist Schröder ein begnadeter Wahlkämpfer, der auf die Erfahrung von zwei Bundestagswahlen und x Landtagswahlen zurückgreifen konnte.
Merkel hingegen hatte keine Erfahrung als Kandidatin. Es war ihr erster Wahlkampf und sie machte viele Fehler. Der Professor aus Heidelberg ist das bekannteste Beispiel. Trotzdem hat Merkel gewonnen.
Merkel ist immer noch keine große Wahlkämpferin. Sie mag eine Macht- und Parteienpolitikerin höchster Güte sein: Öffentliche Reden und Wahlkampf sind ihre Sache nicht. Die Strategie der CDU, 2009 keinen Wahlkampf zu führen, war der logische Schluss. Die Wahrscheinlichkeit, dass Merkel mehr Schaden als Nutzen anrichtet, wenn sie "aggressiv" Wahlkampf führt, war hoch. Wenn sie nur das Ergebnis von 2005 holt, wusste Merkel, bleibt sie Kanzerlin.
Für die SPD war der Wahlkampf nicht zu gewinnen. Als Juniorpartner der Regierung war sie in einer Lose-Lose Situation. Diejenigen Wähler, die sich der Mitte zuordnen und die mit der Arbeit der Regierung zufrieden waren, haben die Kanzlerin (Amtsbonus) bestätigt. Diejenigen Wähler, die unzufrieden waren, sind von der SPD zur Linkspartei gewechselt bzw. gleich zu Hause geblieben. Die CDU-Wähler hingegen, die mit der Regierungsarbeit unzufrieden waren, fanden in der FDP ein Auffangbecken.
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