Die ISDA, "a trade organization of participants in the market for over-the-counter derivatives", hat dieser Tage eine Verteidigung eines Over-the-counter Derivats (kurz OTC derivative) publiziert: der Credit Default Swaps (CDS). CDS haben gegenwärtig einen sehr schlechten Leumund, gelten sie (und ähnlich innovative neue Finanztitel) doch als Ursache für unsere Krise.
Credit Default Swap klingt kompliziert. Ist es auch, weshalb die ISDA einen Standardvertrag aufgelegt hat. Grundsätzlich kann man durch Kreditderivate Kreditrisiken handeln und sich so vor Ausfällen und Bonitätsverschlechterungen von Kontrahenten (= Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls) "schützen".
Wer die wissenschaftliche Erklärung lesen will, warum das Unsinn ist, findet sie bei Willem Buiter. Ebenso fundiert spricht sich Wolfgang Münchau gegen diese Produkte aus. Hauptvorwurf der beiden ist, dass man sich durch Kreditderivate auch gegen rein hypothetische Ausfälle versichern kann, also gegen Insolvenzen (oder Bonitätsverschlechterungen) durch die man keine eigenen Verluste bzw. eigenen Schaden erleidet.
Ein Effekt davon ist, dass es sich lohnen kann, die Pleite von Firmen bewusst herbeizuführen. Warum aufwendig und langwierig die Firma restrukturieren und auf Forderungen verzichten, wenn die CDS bei Insolvenz fällig werden?
Ein kleines Alltagsbeispiel: Ich schließe für meinen alkohol-gefährdeten Nachbarn eine KFZ-Versicherung ab. Im Winter, wenn die Straßen glatt sind, gehe ich rüber und mache mit ihm den Six-Pack auf. Wenn das Bier alle ist und mein Nachbar ordentlich voll, schlage ich ihm vor, bei der Tanke im Nachbarort noch schnell einen neuen Kasten zu holen. Mit dem Auto, versteht sich. Ist ja gerade so lustig. "Ich warte hier auf dich." Und wenn er dann besoffen gegen den Baum rast, sitze ich seiner Wohnung und freue ich mich. Ach, die Lebensversicherung für ihn hätte ich auch abschließen sollen.
Gegen die bewusste Herbeiführung der Insolvenz wendet sich die ISDA mit "empirischen" Beweisen. Sie stellt fest, dass es historisch betrachtet keinen Anstieg der Insolvenzen gäbe. Wenn es durch CDS einen Anreiz gäbe, Firmen in die Insolvenz zu schicken, dann müsste sich das schließlich signifikant in den Insolvenzstatistiken manifestieren. Andererseits wäre auch die Anzahl der Restrukturierungen nicht zurückgegangen. Schön, wenn diePropaganda-/Forschungs-/Kommunikationsabteilung loslegt.
Die ISDA pickt sich ganz bewusst einen Teilaspekt heraus, wahrscheinlich den, wo sie die stärksten Argumente für sich sieht. Alle anderen Kritikpunkte werden dezent übergegangen. Und sie argumentiert empirisch. Die anderen tun nur Meinungen kund und ihre Argumentation hält einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise nicht stand.
Was die Qualität der empirischen Beweisführung angeht, habe ich Zweifel. Signifikante Unterschiede nachzuweisen, setzt entweder eine sehr große Datenmenge voraus oder sehr große Unterschiede. Der Vergleich mit 2001 (Platzen der Dot Com Blase) erscheint mir auch nicht zweckdienlich. Während der Dot Com Blase sind sehr viele Unternehmen gegründet worden, von denen auch sehr viele pleite gegangen sind. Unsere jetzige Kreditblase hatte wenig mit Unternehmensgründungen zu tun. Zu guter letzt, muss man den Datensatz auf diejenigen Unternehmen beschränken, für die CDS gehandelt werden.
Wenn man sich von dieser Detailfrage löst, muss man feststellen, dass der empirische Beweis erbracht wurde, dass CDS nicht funktionieren. Der CDS-Markt hatte eine große Senke, wo am Ende alle Ausfallrisiken landeten, AIG. Nur dank der amerikanischen Steuerzahler, die fast 170 Mrd Dollar in den Finanzkonzern pumpten, konnten die Kontrakte bedient werden. Profiteur der Geschichte war z.B. die Deutsche Bank, die allein 12 Mrd Dollar erhielt.
Als einfacher IT-Berater möchte ich noch ein paar Punkte nachreichen:
Credit Default Swap klingt kompliziert. Ist es auch, weshalb die ISDA einen Standardvertrag aufgelegt hat. Grundsätzlich kann man durch Kreditderivate Kreditrisiken handeln und sich so vor Ausfällen und Bonitätsverschlechterungen von Kontrahenten (= Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls) "schützen".
Wer die wissenschaftliche Erklärung lesen will, warum das Unsinn ist, findet sie bei Willem Buiter. Ebenso fundiert spricht sich Wolfgang Münchau gegen diese Produkte aus. Hauptvorwurf der beiden ist, dass man sich durch Kreditderivate auch gegen rein hypothetische Ausfälle versichern kann, also gegen Insolvenzen (oder Bonitätsverschlechterungen) durch die man keine eigenen Verluste bzw. eigenen Schaden erleidet.
Ein Effekt davon ist, dass es sich lohnen kann, die Pleite von Firmen bewusst herbeizuführen. Warum aufwendig und langwierig die Firma restrukturieren und auf Forderungen verzichten, wenn die CDS bei Insolvenz fällig werden?
Ein kleines Alltagsbeispiel: Ich schließe für meinen alkohol-gefährdeten Nachbarn eine KFZ-Versicherung ab. Im Winter, wenn die Straßen glatt sind, gehe ich rüber und mache mit ihm den Six-Pack auf. Wenn das Bier alle ist und mein Nachbar ordentlich voll, schlage ich ihm vor, bei der Tanke im Nachbarort noch schnell einen neuen Kasten zu holen. Mit dem Auto, versteht sich. Ist ja gerade so lustig. "Ich warte hier auf dich." Und wenn er dann besoffen gegen den Baum rast, sitze ich seiner Wohnung und freue ich mich. Ach, die Lebensversicherung für ihn hätte ich auch abschließen sollen.
Gegen die bewusste Herbeiführung der Insolvenz wendet sich die ISDA mit "empirischen" Beweisen. Sie stellt fest, dass es historisch betrachtet keinen Anstieg der Insolvenzen gäbe. Wenn es durch CDS einen Anreiz gäbe, Firmen in die Insolvenz zu schicken, dann müsste sich das schließlich signifikant in den Insolvenzstatistiken manifestieren. Andererseits wäre auch die Anzahl der Restrukturierungen nicht zurückgegangen. Schön, wenn die
Die ISDA pickt sich ganz bewusst einen Teilaspekt heraus, wahrscheinlich den, wo sie die stärksten Argumente für sich sieht. Alle anderen Kritikpunkte werden dezent übergegangen. Und sie argumentiert empirisch. Die anderen tun nur Meinungen kund und ihre Argumentation hält einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise nicht stand.
Was die Qualität der empirischen Beweisführung angeht, habe ich Zweifel. Signifikante Unterschiede nachzuweisen, setzt entweder eine sehr große Datenmenge voraus oder sehr große Unterschiede. Der Vergleich mit 2001 (Platzen der Dot Com Blase) erscheint mir auch nicht zweckdienlich. Während der Dot Com Blase sind sehr viele Unternehmen gegründet worden, von denen auch sehr viele pleite gegangen sind. Unsere jetzige Kreditblase hatte wenig mit Unternehmensgründungen zu tun. Zu guter letzt, muss man den Datensatz auf diejenigen Unternehmen beschränken, für die CDS gehandelt werden.
Wenn man sich von dieser Detailfrage löst, muss man feststellen, dass der empirische Beweis erbracht wurde, dass CDS nicht funktionieren. Der CDS-Markt hatte eine große Senke, wo am Ende alle Ausfallrisiken landeten, AIG. Nur dank der amerikanischen Steuerzahler, die fast 170 Mrd Dollar in den Finanzkonzern pumpten, konnten die Kontrakte bedient werden. Profiteur der Geschichte war z.B. die Deutsche Bank, die allein 12 Mrd Dollar erhielt.
Als einfacher IT-Berater möchte ich noch ein paar Punkte nachreichen:
- Der Aufwand der mit CDS betrieben wird, ist immens. Positionen werden eingegangen und dann wieder abgesichert (gehedged). Dieser Prozess wiederholt sich mehrfach, so dass einer Anleihe teilweise fünf CDS gegenüberstehen. Wie das die Kosten drücken soll, ist mir unklar.
- Wenn eine Bank sich gegen Kreditrisiken versichert, versichert sie sich gegen ihr ureigenes Geschäft. Schließt sie einen CDS ab, heißt das entweder, dass sie nicht weiß, was sie tut. Oder sie weiß, was sie tut (Risiko ist schlecht), und der Kontrahent ist der Gelackmeierte.
- Bei meinen Ausführungen zur Lucky Luke Western Bank hatte ich versucht, die Differenz zwischen Einlagen- und Kreditzins zu beschreiben. Wenn eine Bank das Risiko an einem Geschäft weiterreicht, fallen wesentliche Anteile des Geschäfts weg. Wie eine Bank dann mehr am Geschäft verdienen kann als den Einlagenzins (was nicht sonderlich profitabel ist), ist mir unklar. Entweder (s.o.) die Bank ist doof oder der Kontrahent.
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