Dieser Tage steht ein Urteil des Bundesverfassungsgericht zu Hartz IV vor der Tür. Es wird erwartet, dass die Hartz IV Sätze, insbesondere für Kinder, angepasst werden. Die Wirtschaftsliberalen sehen ihre Ideale verraten und befürchten, dass sich Arbeit nicht mehr lohnt. Sie sehen das Lohnabstandsgebot verletzt, also den notwendigen Abstand zwischen Arbeitseinkommen und Hartz IV, um Anreize zur Arbeitsaufnahme zu setzen. Man beachte die religiöse Konnotation in Gebot.
Dass das Lohnabstandsgebot Unsinn ist, kann man bei Herdentrieb, Weissgarnix und egghat nachlesen. Weissgarnix geht so weit, den Wirtschaftsliberalen mit ihrem eigenen Werkzeugkasten aufzuzeigen, dass es das Lohnabstandsgebot nicht gibt: Angenommen Menschen wären nicht bereit für Hartz IV oder weniger zu arbeiten. Dann dürfte es keine Jobs geben, die Hartz IV oder weniger zahlen. Deshalb müsste sich das Gehalt deutlich über Hartz IV einpendeln, um eben einen Anreiz zur Arbeitsannahme darzustellen. In der deutschen Wirtschaftsrealität gibt es aber viele Jobs, die weniger als Hartz IV zahlen. In der Mathematik nennt man das dann Beweis durch Widerspruch.
Was mich an der Frage am meisten irritiert, ist, mit welcher Bereitschaft wir in Deutschland das Primat der Wirtschaftswissenschaften akzeptieren. Eine politische Frage wie die Höhe der Hartz IV Sätze wird maßgeblich wirtschaftlich beantwortet, getreu dem Motto: Gut ist, was Arbeit schafft.
Als Informatiker bei Banken erlebe ich es regelmäßig, dass die rein fachliche Bankersicht unzureichend ist. Banken sind große Informationssysteme, auch wenn der Händler das anders sehen mag. Eine Informatikersicht auf ein Bankenproblem kann folglich einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Schönes Beispiel aus der Berechenbarkeitslehre: Bei manchen strukturierten Produkten kann der Käufer auf Basis der ihm verfügbaren Informationen nicht effizient bestimmen, ob er betrogen wurde oder ob nicht. Für Interessierte: Man nennt das ein NP-vollständiges Problem. Prinzipiell wissen das auch Wirtschaftsunternehmen. Die großen Beratungshäuser rekrutieren bewusst Nicht-Wirtschaftswissenschaftler, bei McKinsey z.B. liegt die Quote der BWLer unter 50%.
Im Kern geht es darum, dass man Probleme mit den Mitteln löst, die einem zur Verfügung stehen. Platter formuliert: Wer einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Im Falle der Wirtschaftsliberalen ist eben alles ein Problem von Angebot und Nachfrage und des Preises. Für eine so komplexe Frage wie "Warum und wofür arbeiten wir?" ist das eine sehr eingeschränkte Sichtweise. Z.B. ist Motivation und Persönlichkeit ein großes Forschungsthema in der Psychologie. Aber auch Philosophen, Soziologen, Biologen, Neurowissenschaftler, Pädagogen oder Juristen können sicherlich interessante und bedeutende Beiträge in diesem Themenkomplex leisten. Die reine Reduktion auf das wirtschaftliche ist für mich daher inhaltlich unzureichend.
Sie zeugt häufig auch von einer undemokratischen Haltung. Das Argument geht meistens so: Unserer Wirtschaft steht der Untergang bevor, wenn der Mindestlohn kommt, die Erbschaftssteuer steigt oder eben das Lohnabstandsgebot verletzt wird. Deswegen können wir hier nicht diskutieren.
Na gut, dann schauen wir uns mal das Problem mit dem Lohnabstandsgebot an:
Man kann den Hartz-IV-Breakeven nur nach rechts verschieben, nicht aufheben. Wobei nach rechts verschieben bedeutet:
Dass das Lohnabstandsgebot Unsinn ist, kann man bei Herdentrieb, Weissgarnix und egghat nachlesen. Weissgarnix geht so weit, den Wirtschaftsliberalen mit ihrem eigenen Werkzeugkasten aufzuzeigen, dass es das Lohnabstandsgebot nicht gibt: Angenommen Menschen wären nicht bereit für Hartz IV oder weniger zu arbeiten. Dann dürfte es keine Jobs geben, die Hartz IV oder weniger zahlen. Deshalb müsste sich das Gehalt deutlich über Hartz IV einpendeln, um eben einen Anreiz zur Arbeitsannahme darzustellen. In der deutschen Wirtschaftsrealität gibt es aber viele Jobs, die weniger als Hartz IV zahlen. In der Mathematik nennt man das dann Beweis durch Widerspruch.
Was mich an der Frage am meisten irritiert, ist, mit welcher Bereitschaft wir in Deutschland das Primat der Wirtschaftswissenschaften akzeptieren. Eine politische Frage wie die Höhe der Hartz IV Sätze wird maßgeblich wirtschaftlich beantwortet, getreu dem Motto: Gut ist, was Arbeit schafft.
Als Informatiker bei Banken erlebe ich es regelmäßig, dass die rein fachliche Bankersicht unzureichend ist. Banken sind große Informationssysteme, auch wenn der Händler das anders sehen mag. Eine Informatikersicht auf ein Bankenproblem kann folglich einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Schönes Beispiel aus der Berechenbarkeitslehre: Bei manchen strukturierten Produkten kann der Käufer auf Basis der ihm verfügbaren Informationen nicht effizient bestimmen, ob er betrogen wurde oder ob nicht. Für Interessierte: Man nennt das ein NP-vollständiges Problem. Prinzipiell wissen das auch Wirtschaftsunternehmen. Die großen Beratungshäuser rekrutieren bewusst Nicht-Wirtschaftswissenschaftler, bei McKinsey z.B. liegt die Quote der BWLer unter 50%.
Im Kern geht es darum, dass man Probleme mit den Mitteln löst, die einem zur Verfügung stehen. Platter formuliert: Wer einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Im Falle der Wirtschaftsliberalen ist eben alles ein Problem von Angebot und Nachfrage und des Preises. Für eine so komplexe Frage wie "Warum und wofür arbeiten wir?" ist das eine sehr eingeschränkte Sichtweise. Z.B. ist Motivation und Persönlichkeit ein großes Forschungsthema in der Psychologie. Aber auch Philosophen, Soziologen, Biologen, Neurowissenschaftler, Pädagogen oder Juristen können sicherlich interessante und bedeutende Beiträge in diesem Themenkomplex leisten. Die reine Reduktion auf das wirtschaftliche ist für mich daher inhaltlich unzureichend.
Sie zeugt häufig auch von einer undemokratischen Haltung. Das Argument geht meistens so: Unserer Wirtschaft steht der Untergang bevor, wenn der Mindestlohn kommt, die Erbschaftssteuer steigt oder eben das Lohnabstandsgebot verletzt wird. Deswegen können wir hier nicht diskutieren.
Na gut, dann schauen wir uns mal das Problem mit dem Lohnabstandsgebot an:
- Ein alleinstehender Hartz IV-Bezieher erhält 359€ Regelleistung + maximal 360€ Miete und Heizung, in Summe 720€ netto.
- Angenommen er verdient 6€ die Stunde, arbeitet 20 Tage im Monat, ergibt das ca 1000€ brutto. Davon gehen noch die Sozialabgaben ab (20%), macht 800€. Er hat knapp 80€ mehr, wenn er arbeitet. Wenig attraktiv, aber immerhin 80€ mehr.
- Jetzt packen wir ein Kind dazu. Kinder haben ist teuer. Der Regelsatz steigt auf 704€, der Mietzuschuss auf 444€. Macht 1148€. Er verdient jetzt am Markt weniger als ihm per Hartz IV zustehen. Hierfür hat es nur ein Kind gebraucht.
Egal, wie unsere Wirtschaftsliberalen jetzt die Löhne und Hartz IV gestalten: Es wird sich immer ein Punkt finden, wo der Lohn niedriger ist als Hartz IV. Ganz einfach deshalb, weil das Gehalt ein konstanter Wert ist, während Hartz IV halbwegs linear zur Anzahl der Haushaltsmitglieder steigt. Anlehnend an weissgarnix hierzu eine aussagestarke Grafik.
Man kann den Hartz-IV-Breakeven nur nach rechts verschieben, nicht aufheben. Wobei nach rechts verschieben bedeutet:
- Das Arbeitseinkommen zu erhöhen (grüne Linie hoch).
- Den Hartz-IV Satz zu senken (gelbe Linie runter).
1) ist von den Wirtschaftsliberalen nicht gewollt, weil es ja Arbeitsplätze vernichtet. 2) verstößt im Zweifelsfall gegen das Grundgesetz (blöde juristische Perspektive). Quintessenz: Mit einer rein wirtschaftlichen Analyse kommt man hier zu keiner Lösung.
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