Direkt zum Hauptbereich

Sesshaft werden in der Projektwohnung

Bei Familienfeiern und ähnlichen Gelegenheiten hatte ich schön häufiger folgende Diskussion:
Bist du noch in „Dortmund“? – Ja. – Wie lange denn noch? – Mindestens bis Juni, wahrscheinlich bis Weihnachten. – Ah, dann nimm’ dir doch eine Wohnung.
Früher hätte ich gesagt, dass ich gerne im Hotel bin. Dass ich kein Interesse habe, eine Wohnung zu beziehen. Dass ich Punkte von meiner Hotelkette kriege und mich das Personal freundlich grüßt. Und dass ich froh darüber bin, vor Ort keine Wohnung zu unterhalten und übers Wochenende keine Dinge dazulassen.

Unter Beratern ist das auch akzeptiert. Es gibt eben die eine und die andere Richtung. Die einen, die es schätzen, eine Projektwohnung zu haben, wo man Sachen lassen kann. Und die anderen, wie mich, die das nicht tun.

Mein Ziel ist es, am Ende jeder Woche alles wieder nach Hause zu schaffen. Als große Einschränkung empfinde ich das nicht. Jeden Montag gelingt es mir, der Deutschen Bahn und meinem handlichen Rimowa vier Hemden, vier T-Shirts, vier Unterhosen und vier Paar Socken sowie Joggingsachen, Freizeitklamotten und meine Kulturtasche durch die Republik zu transportieren. Dazu noch der wichtigste Artikel: mein Laptop.

Und jeden Freitag geht wieder alles zurück. Kein doppelter Haushalt. Und kein Großumzug am Projektende, um den ganzen Mist wieder nach Hause zu schaffen, der sich über die Monate gesammelt hat. Für die Kollegen mit Projektwohnung immer ein schönes Geschenk zum Projektabschluss: Freitagabend mit dem vollgepackten Mietwagen im Stau auf der Autobahn statt mit dem Trolley im Flieger.

Aber um praktische Erwägungen geht es meiner Familie nicht. Keiner von ihnen kennt das Leben als Geschäftsreisender aus eigener Haut und ihnen fehlt daher jeder Bezug dazu. Ich soll endlich sesshaft werden: Berater, wie lang willst du das noch machen? Leben in einer Wohnung statt eines Hotels wäre immerhin ein erster Schritt.

Ich sehe das genau andersherum: Wenn ich anfange, mich sesshaft in einer Wohnung einzurichten, dann ist der Berateralltag mein Alltag. Mein Projektstandort wird mein zu Hause. Und das will ich nicht. Ich bin sesshafter als die denken ;)

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Finanzblog des Jahres? Sicherlich.

Dieser Blog wird ab morgen für den Finanzblog des Jahres Finance Blog of the Year nominiert sein. Die Organisatoren von Smava, einer P2P-Bank, haben mir einen entsprechenden Kommentar an meinen SOA Post  angehängt . Wobei sie verwundert bemerkt haben, dass ich überhaupt keine Kontaktdaten auf der Seite habe... KURZER HINWEIS: Der Blog ist anonym, weil ich ungern beim Kunden oder von meinem Chef darauf angesprochen werden möchte. Ich verdiene kein Geld mit meinen zwölf Lesern am Tag und habe auch keine Werbung. Gehostet wird er in den USA (blogspot.com). Deswegen spare ich mir auch das Impressum. Damit wäre dann auch klar, dass ich nicht gewinnen will. ;)

Literaturempfehlung und Promotionsverfahren

Am Donnerstag schaue ich nach langer Zeit wieder mal bei "meinem" Lehrstuhl rein, wo ich knapp ein Jahr beschäftigt war. Es soll dort tatsächlich jemand die Promotion erhalten. Das will ich mit eigenen Augen sehen. Und ich war schon lange nicht mehr dort. Parallel dazu hat mir meine Freundin " Der ganz normale Wahnsinn - Vom Umgang mit schwierigen Menschen " geschenkt. Ein tolles Buch. Zum ersten Mal hatte ich das Buch am Lehrstuhl an der Hand und habe das Kapitel über narzißtische Persönlichkeiten gelesen. Mein Prof. war nämlich eine. Von neun DSM IV Kriterien erfüllt er locker sechs. Ein anderer Kollege, der schon deutlich länger dabei war, tippte auf acht. Fünf deuten auf die Störung hin. Eine Episode: Ein Assistent hatte ein Paper erfolgreich bei einer Konferenz untergebracht. Der Prof. hatte das Paper gereviewt. Trotzdem stellte der Professor das Paper als seine Leistung war. Der Assistent hatte ja nur "seine Gedanken" umgesetzt (Kriterium 1: Übertre...

Der Berater Hemdensprint

Ich hatte am Montag Abend mit meinem Chef einen Termin beim Kunden, um mich vorzustellen. Der Termin lief so la la . Sie wollten gerne Erfahrungen in der bei ihnen eingesetzten Komponente, die Marktrisiko abdeckt. Ich hingegen verfüge über Erfahrungen mit einer anderen Komponente der Produktfamilie, für Kreditrisiko. Beide Komponenten werden unter demselben Namen vertrieben, es sind aber zwei ganz unterschiedliche Produkte. Eins ist webbasiert , das andere läuft serverseitig . Immerhin verwenden beide das gleiche Farbschema . Der Kunde fragte diesen Unterschied im Gespräch noch einmal explizit nach und verzog das Gesicht, als ich "Nein, mit [...] habe ich keine Erfahrung" antworten musste. Für den Termin hatte ich Sonntag Nacht extra noch zwei Hemden gebügelt. Ich bügele nicht mit Dampf (saut immer so rum ), sondern nutze einen Pflanzenbefeuchter . Der Pflanzenbefeuchter hat den Nachteil, dass die Wäsche nach dem Bügeln noch etwas feucht ist, wenn man ungenau sprüht. Das w...