Direkt zum Hauptbereich

Deutsche Pfandbriefbank: 40 Mrd sind auch ein Statement

Dank der Finanzkrise wird mir immer wieder mein fehlendes Gespür für Ironie und Sarkasmus vor Augen geführt. Immer wieder lese ich Artikel in deutschen Qualitätszeitungen, wo ich baff davorstehe und mich frage: Meinen die das wirklich ernst? Das muss einfach ein Witz sein.

Heute kommentiert die FTD die Boni der Deutschen Pfandbriefbank. Die FTD verwendet immer noch den alten Konzernnamen Hypo Real Estate (HRE), der schon seit über einem Jahr nicht mehr gültig ist. Personalabteilungen sind da weniger nachsichtig als das Ressortlektorat.

Grundtenor des Kommentars: Die Summen seien vernachlässigbar, arbeitsrechtlich geboten und generell notwendig, um gute Mitarbeiter zu halten:

"Denn gerade ein Institut wie die HRE braucht gute Mitarbeiter, und die gibt es nicht zu Magergehältern. [...] [D]er Bonus war vielen der 1400 Begünstigten ursprünglich ohnehin per Arbeitsvertrag zugesichert worden. [...] [Z]umal sich rein rechnerisch pro Kopf die nicht gerade exorbitante Summe von knapp 18.000 Euro ergibt." [FTD: Sinnvoller Bonus für die Müllmänner von der HRE]


Man könnte sich schon an den "nicht gerade exorbitanten" 18.000 Euro aufhängen. Bei mir (Akademiker mit mehreren Jahren Berufserfahrung) wären 18.000€ mehr als Dreimonatsgehälter, sprich "exorbitant". Wie es in der Redaktion der FTD aussieht, weiß ich nicht.



Schlimmer als das "nicht gerade exorbitant" ist aber das "rein rechnerisch". Hier wird ein Durchschnittsbonus berechnet, indem die Gesamtsumme auf alle Mitarbeiter umgelegt wird; also auch auf den Portier und die Buchhalterin aus der Reisekostenstelle mit der 60% Stelle, ein gängiger Trick: Das arithemtische Mittel ist ein beliebter Weg,  Ausreißer zu vertuschen. In Realität wird es wohl einzelne Mitarbeiter geben, die deutlich drüber liegen und die breite Masse, die wenig bis gar nichts bekommen.

Jetzt zu den Arbeitsverträgen. Wenn man den Text so liest, glaubt man fast, dass es sich ausschließlich um neue Arbeitsverträge handelt, bei denen Boni eingesetzt werden, um Talente für die Bank zu rekrutieren. Das halte ich aber für relativ unwahrscheinlich: Jeder, der heute bei der Deutschen Pfandbriefbank anfängt, wäre gut beraten, keine variablen Gehaltsbestandteile zu akzeptieren. Wer kann schon wissen, wie lang man da ist? Und wer will sein Schmerzensgeld schon gegenüber Politik und öffentlicher Meinung rechtfertigen? Deshalb lieber Fixgehalt.

Aber eventuell meint die FTD ja auch, dass es wichtig für die Deutsche Pfandbriefbank ist, die guten Altmitarbeiter von HRE und Depfa zu halten. Die kennen ja das Geschäft der Bank so gut und haben sich in der Vergangenheit bereits mächtig mit Ruhm bekleckert... 40 Mrd sind auch ein Statement. Ganz abgesehen davon, dass fast zwei Jahre nach Fastinsolvenz ohnehin keine ehemaligen Topperformer mehr in der Bank sein dürften. Wozu gibt es Headhunter?

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Finanzblog des Jahres? Sicherlich.

Dieser Blog wird ab morgen für den Finanzblog des Jahres Finance Blog of the Year nominiert sein. Die Organisatoren von Smava, einer P2P-Bank, haben mir einen entsprechenden Kommentar an meinen SOA Post  angehängt . Wobei sie verwundert bemerkt haben, dass ich überhaupt keine Kontaktdaten auf der Seite habe... KURZER HINWEIS: Der Blog ist anonym, weil ich ungern beim Kunden oder von meinem Chef darauf angesprochen werden möchte. Ich verdiene kein Geld mit meinen zwölf Lesern am Tag und habe auch keine Werbung. Gehostet wird er in den USA (blogspot.com). Deswegen spare ich mir auch das Impressum. Damit wäre dann auch klar, dass ich nicht gewinnen will. ;)

Literaturempfehlung und Promotionsverfahren

Am Donnerstag schaue ich nach langer Zeit wieder mal bei "meinem" Lehrstuhl rein, wo ich knapp ein Jahr beschäftigt war. Es soll dort tatsächlich jemand die Promotion erhalten. Das will ich mit eigenen Augen sehen. Und ich war schon lange nicht mehr dort. Parallel dazu hat mir meine Freundin " Der ganz normale Wahnsinn - Vom Umgang mit schwierigen Menschen " geschenkt. Ein tolles Buch. Zum ersten Mal hatte ich das Buch am Lehrstuhl an der Hand und habe das Kapitel über narzißtische Persönlichkeiten gelesen. Mein Prof. war nämlich eine. Von neun DSM IV Kriterien erfüllt er locker sechs. Ein anderer Kollege, der schon deutlich länger dabei war, tippte auf acht. Fünf deuten auf die Störung hin. Eine Episode: Ein Assistent hatte ein Paper erfolgreich bei einer Konferenz untergebracht. Der Prof. hatte das Paper gereviewt. Trotzdem stellte der Professor das Paper als seine Leistung war. Der Assistent hatte ja nur "seine Gedanken" umgesetzt (Kriterium 1: Übertre...

Der Berater Hemdensprint

Ich hatte am Montag Abend mit meinem Chef einen Termin beim Kunden, um mich vorzustellen. Der Termin lief so la la . Sie wollten gerne Erfahrungen in der bei ihnen eingesetzten Komponente, die Marktrisiko abdeckt. Ich hingegen verfüge über Erfahrungen mit einer anderen Komponente der Produktfamilie, für Kreditrisiko. Beide Komponenten werden unter demselben Namen vertrieben, es sind aber zwei ganz unterschiedliche Produkte. Eins ist webbasiert , das andere läuft serverseitig . Immerhin verwenden beide das gleiche Farbschema . Der Kunde fragte diesen Unterschied im Gespräch noch einmal explizit nach und verzog das Gesicht, als ich "Nein, mit [...] habe ich keine Erfahrung" antworten musste. Für den Termin hatte ich Sonntag Nacht extra noch zwei Hemden gebügelt. Ich bügele nicht mit Dampf (saut immer so rum ), sondern nutze einen Pflanzenbefeuchter . Der Pflanzenbefeuchter hat den Nachteil, dass die Wäsche nach dem Bügeln noch etwas feucht ist, wenn man ungenau sprüht. Das w...