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Hotel, ist das nicht teuer?

Meine private Präferenz für das Hotelzimmer (s. Post Sesshaft werden in der Projektwohnung) statt der Projektwohnung mag dem einen oder anderen Leser als wirtschaftlich unsinnig erscheiden: Leben im Hotel à la Udo Lindenberg, ist das nicht teuer?

100€ sind für mich als IT-Berater eine Hausmarke. So lange ich unter 100€ bleibe, kann ich ohne Rücksprache ein Hotelzimmer buchen. Bei zwanzig Tagen vor Ort ergeben sich bei sechzehn Übernachtungen pro Monat 1600€ Hotelkosten. Zum Vergleich: Meine Privatwohnung kostet mich aktuell 350€ pro Monat. Zwischen Hotel und Wohnung liegen somit 1000€, sprich mehr als ein Tagessatz, eine weitere Berater-Hausmarke. Meine einfache Kalkulation ist aber äußerst fehlerhaft.

Korrektur 1: In den 100€ pro Nacht stecken 7% Mehrwertsteuer. Die kann eine Beratung natürlich abziehen. Bleiben Kosten von 93€ pro Übernachtung. Neue Monatskosten: 1500€.

Korrektur 2: Die Annahme von zwanzig Tagen pro Monat vor Ort ist zu hoch. Man hat Urlaub oder interne Termine. Aufs Jahr bezogen stellen 200 fakturierte Tage einen sehr guten Wert dar (eine weitere Beraterhausmarke). Werte um 170 bis 180 Tage sind auch okay. Bei vier Übernachtungen pro Woche kommt man auf 160 Übernachtungen im Jahr, bzw. 13 Nächte im Monat. Neue Monatskosten: 1200€.

Korrektur 3: Bisher habe ich ein Verhältnis von vier Übernachtungen pro fünf fakturierte Tage unterstellt. Das berücksichtigt nicht, dass bei kürzeren Aufenthalten die Übernachtungskosten fallen. Am Abreisetag braucht man kein Hotel. Beispiel: Wer fünf Tage mit zwei Aufenthalten (1x zwei Tage, 1x drei Tage) macht, braucht insgesamt nur für drei Nächte (statt vier) ein Hotel. Der Einfachheit zu liebe, rechne ich die 200 Tage daher mit Faktor 0,75 statt 0,8 um. Macht 150 Nächte im Jahr bzw. 12,5 im Monat. Neue Monatskosten 1160€.

Puh, fast 450€ gespart. Nun zur Frage, wie teuer eine Projektwohnung ist...

Korrektur 4: Eine Projektwohnung ist keine Privatwohnung. Sie soll keinen Stress machen, ist daher möbliert, muss nicht renoviert werden und die Firma zahlt pauschal. Meistens wird sie auch wöchentlich geputzt. Für eine möblierte 38m2 Wohnung in Frankfurt Bornheim verlangt ein Anbieter wie die HomeCompany dann 700€. Neue Monatskosten: 700€ warm.

Korrektur 5: Stichwort Anbieter. An eine Projektwohnung kommt man nicht von privat, sondern nur über Makler. Die schlagen dann erst einmal eine satte Provision oben drauf. Aufs Jahr umgelegt kommen locker zwei Kaltmieten zusammen. Macht pro Monat 100€ mehr. Neue Monatskosten Projektwohnung: 800€.

Bleibt eine Differenz von 360€. Umgelegt auf die Hausmarke Tagessatz ist das locker weniger als 4h beim Kunden pro Monat. Nicht viel.

Für die 4h erkauft sich die Firma zusätzlich einen Risikotransfer. Wird ein Mitarbeiter länger krank oder das Projekt gecancelt (Einnahmeseite), entfällt auf der anderen Seite automatisch auch der Kostenfaktor Hotel. Bei der Projektwohnung hingegen läuft der Vertrag weiter.

Fazit: Wirtschaftlich ist es für einen Berater nicht zwingend, eine Projektwohnung anzumieten. Jeder wie er lustig ist.

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